Sind Fotos von Falschparkern erlaubt?
Ein Urteil des VG Ansbach

Am 02.11.2022 entschied das Verwaltungsgericht (VG) Ansbach einen sehr interessanten datenschutzrechtlichen Sachverhalt.

 

Ein Münchner Bürger hatte in der Vergangenheit Falschparker bei der Polizei gemeldet und hierzu offensichtlich verkehrsrechtswidrig parkende PWK fotografiert (ohne hierbei die Fahrer zu erfassen) und diese Bilder der Polizei übermittelt. Diese blieb hierauf allerdings untätig und meldete stattdessen den Bürger aufgrund eines Datenschutzverstoßes durch die Erstellung der Fotos an das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA).

 

Daraufhin sprach das BayLDA auch tatsächlich eine kostenpflichtige Verwarnung in Höhe von EUR 100,00 aus, und forderte den Bürger auf, grundsätzlich keine Fotos von den begangenen Ordnungswidrigkeiten mehr zu erstellen, da die Erstellung der Fotos eine unrechtmäßige Datenverarbeitung sei und gegen das Persönlichkeitsrecht der Halter der Autos verstoßen würde.

 

Hiergegen wehrte sich der Münchner erfolgreich vor dem Verwaltungsgericht. Dieses hob die Verwarnung gegen den Münchner auf und urteilte, dass Bürger sehr wohl Fotos von falsch parkenden Autos anfertigen dürfen, um eine Ordnungswidrigkeit mithilfe dieser Fotos bei den Behörden zu melden. Das Gericht war der Ansicht, dass die Übermittlung der Bildaufnahmen eine rechtmäßige Datenverarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f.) DSGVO darstellt.

 

Aktuell liegt nur die Pressemitteilung des VG (unter https://www.vgh.bayern.de/media/vgansbach/presse/p-2022-07.pdf) vor, die schriftliche Begründung der Entscheidung folgt. Diese ist allerdings überaus wichtig, um konkret Aussagen darüber treffen zu können, was nun genau zulässig ist und was nicht (z.B. sollte man dringend bei der Erstellung und Übermittlung der Fotos darauf achten, dass keine Personen darauf abgebildet sind). Zumindest können Bürger aber in Zukunft nicht mehr einfach von der Polizei abgewimmelt werden, weil diese sich pauschal auf „den Datenschutz“ berufen.

 

Wir sind der Ansicht, dass ein Foto eines ordnungswidrig geparkten PKW jedenfalls das Kfz-Kennzeichen als personenbeziehbares Datum enthält und damit die DSGVO grundsätzlich anwendbar ist. Ein Foto mit Kfz-Kennzeichen ergibt zwar zunächst keinen direkten Aufschluss über eine bestimmte natürliche Person, allerdings besteht die Möglichkeit einer kostenpflichtigen Auskunft aus dem Fahrzeugregister. Die sog. Haushaltsausnahme nach Art. 3 Abs. 2 DSGVO ist nicht gegeben, denn die Datenverarbeitung zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten endet, wenn die Verarbeitung die private Sphäre des Verantwortlichen, hier des Erstellers des Bildes (auch wenn es sich hierbei um eine Privatperson handelt) verlässt.

 

Unserer Ansicht nach ist diese Datenverarbeitung ebenfalls grundsätzlich rechtmäßig, denn Bürger haben ein „berechtigtes Interesse“ nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO an der Anzeigenerstattung mittels Bild. Datenschutzrechtlich wird der Begriff des berechtigten Interesses grundsätzlich weit gefasst und zu den berechtigten Interessen zählen nicht nur rechtliche, sondern auch tatsächliche, wirtschaftliche oder ideelle Interessen.

 

Relevante Normen des Straßenverkehrsrechts schützen nach dem Willen des Gesetzgebers immer allgemeine Interessen an der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs aber auch individuelle Interessen wie Gesundheit, körperliche Unversehrtheit und Eigentum. Falschparker verstoßen daher gegen individuelle Interessen, wenn ein Fußgänger gezwungen wird auf die Fahrbahn auszuweichen weil der Gehweg ordnungswidrig zugeparkt ist. So war es auch laut den Pressemitteilungen auch im entschiedenen Fall, da wesentliche Motivation des Münchners die nachvollziehbare Sorge um die eigene Sicherheit und die seiner Kinder, die durch Falschparker gefährdet wird, war.

 

Grundsätzlich ist zwar rechtlich zu fragen, ob hierbei eine Erstellung und Übermittlung von Fotos der falsch geparkten Fahrzeuge erforderlich ist oder ob es gleich wirksame aber mildere Mittel zur Meldung gibt und ob entgegenstehende Interessen, Grundrechte oder Grundfreiheiten der Fahrzeuginhaber als Betroffenen überwiegen.

 

Wir sind der Meinung, dass sich die Erforderlichkeit der Fotos schon daraus ergibt, dass falsche Beschuldigungen durch den Dokumentationseffekt effektiv vermieden werden können.

 

Im Rahmen der Interessenabwägung sehen wir kein überwiegendes Interesse des Falschparkers. Straßenverkehrsrechtlich relevantes Parken findet im öffentlichen Raum statt. Als Autofahrer muss man damit rechnen, im Verkehr wahrgenommen zu werden. Eine Erwartung, dass Straßenverkehrsverstöße unentdeckt und ungeahndet bleiben, sehen wir vorliegend nicht als schützenswert an.

 

 

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Beitrag vom 09.11.2022