Abmahnungen wegen gewerblicher Musiknutzung auf Social Media
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Abmahnungen wegen gewerblicher Musiknutzung auf Social Media
In den letzten Monaten mehren sich bei uns Fälle, in denen Rechteinhaber Nutzern gewerblicher Social-Media-Accounts auf Plattformen wie TikTok und Instagram die widerrechtliche Nutzung geschützter Musikwerke vorwerfen. Im Zentrum der Vorwürfe steht die Verletzung des Rechts der „öffentlichen Zugänglichmachung“ gemäß § 19a UrhG, sowie das sogenannte „Synchro-Recht“, bzw. „Filmherstellungsrecht“, welche zumeist nicht von der GEMA wahrgenommen werden (https://www.gema.de/de/w/hilfe/musikurheber/werke-repertoire/audiovisuelle-produktionen/filmherstellungsrecht).
Musiknutzung auf Social Media – privat erlaubt, gewerblich oft rechtswidrig
Ein häufiger Irrtum: Plattformen wie Instagram oder TikTok stellen Musik über integrierte Soundbibliotheken bereit – etwa die Meta Sound Collection (https://www.facebook.com/sound/collection/). Viele Nutzer*innen gehen davon aus, dass diese Musik auch gewerblich nutzbar sei. Tatsächlich ist die Nutzung in der Regel nur für private Zwecke gestattet.
Wer ein nur für die private Nutzung freigegebenes Musikstück in einem Social-Media-Beitrag verwendet, darf dies also nur tun, wenn:
- der Post nicht gewerblich ist, und
- auch das Profil selbst nicht kommerziell genutzt wird.
Die bloße gewerbliche Ausrichtung des Accounts kann also schon reichen, um eine Lizenzverletzung auszulösen – auch wenn das Video an sich keinen Werbeinhalt enthält.
Social Media Urheberrecht Musik: Lizenzbedingungen sind entscheidend
Die rechtliche Argumentation der Anspruchsteller stützt sich also auf die Plattformregeln sowie das Urheberrecht. Ein entscheidender Punkt ist, dass das bloße Bereitstellen von Musik durch die Plattform nicht automatisch eine umfassende urheberrechtliche Nutzungslizenz für gewerbliche Zwecke bedeutet. Vielmehr obliegt es den Nutzern, sich über die jeweiligen Lizenzbestimmungen zu informieren.
Sobald die Musik nun verwendet wird, ohne sich für die gewerbliche Nutzung zuvor eine entsprechende Lizenz eingeholt haben, sehen sich Accountinhaber nun zunehmend mit erheblichen Schadensersatzforderungen konfrontiert.
Musikrechte auf Instagram, TikTok & co.: Forderungen auch ohne klassische Abmahnung
Bemerkenswert ist, dass die Rechteinhaber in vielen Fällen auf eine klassische urheberrechtliche Abmahnung mit Unterlassungsaufforderung verzichten.
Stattdessen setzen sie auf eine sogenannte Berechtigungsanfrage, die zum Ziel hat, das Vorliegen einer tatsächlichen Lizenz beim Verwender zu erfragen.
Kann dieser keine Lizenz nachweisen, schließen sich unmittelbar Schadensersatzforderungen an, die sich an Vergütungstabellen und branchenspezifischen Erfahrungssätzen orientieren. Diese basieren häufig auf Vergütungsempfehlungen von Wirtschaftsverbänden der Rechteinhaber und fallen nicht selten hoch aus (zB dem Verband Deutscher Musikverlage DMV https://www.dmv-online.de/). Wir raten unbedingt dazu, diese Forderungen genau zu prüfen.
Schadensersatz im Musikrecht: Grundlage und Berechnung im Wege der Lizenzanalogie
Die geforderten Schadensersatzzahlungen basieren häufig auf der sogenannten "fiktiven Lizenzgebühr", bzw. „Lizenzanalogie“ gemäß § 97 Abs. 2 UrhG. Nach diesem Grundsatz der Schadensberechnung aus dem IP Recht orientieren sich die Anspruchsteller an marktüblichen Lizenzgebühren, die ein gewerblicher Nutzer im konkreten Einzelfall hätte zahlen müssen, um die Musikwerke ordnungsgemäß zu verwenden. Wichtig ist hierbei zu erwähnen, dass nach Ansicht der Gerichte der Rechteinhaber im Rahmen des Schadensberechnung nicht bessergestellt werden darf, als im Falle einer ordnungsgemäßen Lizenzierung der Werke.
Konkret wird ermittelt, welche angemessene Vergütung ein redlicher Lizenznehmer für die entsprechende Nutzung gezahlt hätte. Maßgeblich sind dabei:
- Tarifwerke der GEMA oder anderer Verwertungsgesellschaften (soweit anwendbar)
- Übliche Marktpreise für vergleichbare Lizenzen
- Individuelle Lizenzverträge in der Branche
- Die Reichweite und Dauer der Nutzung
Problematisch ist oft die pauschale Anwendung von Vergütungstabellen ohne Bezug zum konkreten Nutzungsfall. Nicht jede unberechtigte Nutzung entspricht einer regulären gewerblichen Lizenz, sodass die Höhe der Forderungen im konkreten Einzelfall gerichtlich überprüft werden kann.
Social Media Musikrecht: Diese rechtlichen Fragen sollten geprüft werden
Die aktuelle Abmahntätigkeit wirft mehrere juristische Fragestellungen auf:
- Lizenzbedingungen und Transparenz -
Oftmals ist für Nutzer nicht ohne Weiteres ersichtlich, ob ein Musikstück nur für private Zwecke genutzt werden darf. Plattformen wie TikTok und Instagram stellen Musik bereit, ohne stets klare Hinweise zur gewerblichen Nutzung zu geben. Zwar sind gewerblicher Nutzer im Deutschen Rechtsraum deutlich weniger schutzbedürftig als private Nutzer und müssen sich stets vor einer geschäftlichen Tätigkeit die möglichen Folgen abwägen. Dennoch besteht aus unserer Sicht eine gewisse Verkehrssicherungspflicht der Plattformen, auf die Lizenzumstände deutlich hinzuweisen, bzw. die Accountstrukturen auf den Portalen besser zu überwachen.
- Höhe des Schadensersatzes –
Die Berechnung anhand pauschaler Vergütungstabellen kann unangemessen sein, wenn keine realistische Lizenzgebühr zugrunde gelegt wird.
- Proaktive Erfüllung weiterer Ansprüche? –
Im Einzelfall kann es ratsam sein, weitere im Raum stehende Ansprüche proaktiv zu erfüllen. So steht zB bei einer vorgeworfenen Verletzung fremder Urheberrechte immer auch ein Unterlassungsanspruch im Raum (§97 Abs.1 UrhG). Dieser wird zumeist im Rahmen der Berechtigungsanfrage nicht geltend gemacht, kann jedoch im Streitfalle noch „aus der Tasche“ gezogen werden und damit den Streitwert und das Kostenrisiko massiv erhöhen.
Dieser Unterlassungsanspruch wird meist durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zwischen den Parteien vertraglich erfüllt. Dies bedeutet jedoch auch eine dauerhafte Unterlassungs- und Beseitigungspflicht für den Unterlassungsschuldner. Daher stellt sich stets die Frage, ob man durch Abgabe einer Unterlassungserklärung proaktiv etwas Druck aus der Sache nehmen kann, vor allem wenn feststeht, dass das gegenständliche Werk zukünftig nicht mehr verwendet werden soll.
- Einzelfallprüfung im Urheberrecht stets erforderlich –
Betroffene sollten sich bewusst sein, dass die rechtliche Beurteilung stets vom jeweiligen Einzelfall abhängt. Die genauen Umstände der Musiknutzung, die Lizenzbedingungen der Plattformen und die Berechnungsgrundlagen der geforderten Schadensersatzzahlungen spielen eine entscheidende Rolle. Nur eine detaillierte rechtliche Prüfung kann klären, ob eine Urheberrechtsverletzung tatsächlich vorliegt und ob die geltend gemachten Ansprüche in der geforderten Höhe berechtigt sind.
Fazit: Social Media Musiklizenzen frühzeitig klären
Die gezeigte Lizenzproblematik zeigt einmal mehr, wie wichtig es für gewerbliche Social-Media-Nutzer ist, die Lizenzbedingungen von Plattformen genau zu beachten und sich im besten Falle vor der Werknutzung über die mögliche Rechteklärung Gedanken zu machen.
Auch wenn keine klassische Abmahnung mit Unterlassungsanspruch ausgesprochen wird, können Schadensersatzforderungen erhebliche finanzielle Konsequenzen haben. Eine fundierte Einzelfallprüfung ist essenziell, um die behauptete Rechtsverletzung sowie die Höhe der Forderungen sachgerecht zu bewerten.
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