BGH I ZB 58/19
Abmahnkosten vom Patentanwalt im Markenrecht nicht erstattungsfähig
Sachverhalt
Die Klägerin hat die Beklagte wegen Verletzung ihrer Unionsmarken auf Unterlassung in Anspruch genommen und markenrechtliche Folgeansprüche gerichtlich geltend gemacht. Der Streit wurde durch einen Vergleich beendet, der Streitwert wurde durch das Landgericht auf 50.000€ festgelegt.
Auf Seiten der Klägerin hat, laut eigenem Vortrag, eine Patentanwältin bei jedem Schriftsatz und bei den Vergleichsverhandlungen tatsächlich mitgewirkt. Die Kosten der Patentanwältin wurden durch das Landgericht als erstattungsfähig anerkannt. Eine Beschwerde des Beklagten hiergegen blieb ohne Erfolg.
Das Beschwerdegericht meint, dass der Fall unter § 140 Abs. 3 MarkenG aF (§ 140 Abs. 4 MarkenG) falle und daher nicht zu prüfen gewesen sei, ob die Patentanwältin gegenüber dem von der Klägerin beauftragten Rechtsanwalt eine "Mehrleistung" erbracht habe.
Es wurde dem EuGH die Frage vorgelegt, ob Art. 3 I und Art. 14 der Richtlinie 2004/48/EG dahingehend auszulegen sind, dass die Erstattung von Patentanwaltskosten in einem markenrechtlichen Gerichtsverfahren unabhängig davon, ob diese Mitwirkung notwendig war, erstattungsfähig sind. Der EuGH meint hierzu, dass es den Gerichten möglich sein muss, in jedem Fall die Einzelumstände gebührend zu berücksichtigen.
Entscheidung:
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten hatte Erfolg, die Sache wurde zur erneuten Entscheidung, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Erstattungsfähig sind nur die Kosten einer zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Mitwirkung von Patentanwälten. § 140 Abs. 3 MarkenG ist auf Unionsmarkenstreitigkeiten gemäß § 125e Abs. 5 MarkenG entsprechend anwendbar.
Entgegen der bisherigen ständigen Rechtsprechung des BGH hat der Senat nun ausgeführt, dass nur die Kosten der für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendigen patentanwaltlichen Mitwirkung erstattungsfähig sind. Dieser Sinneswandel resultiert aus der richtlinienkonformen Auslegung des § 140 Abs. 3 MarkenG aF mit Hinblick auf Art. 3 I und Art. 14 der Richtlinie 2004/48/EG.
Abzustellen ist auf die spezifischen Merkmale des Einzelfalls. So sind Kosten für die Mitwirkung von Patentanwälten nur erstattungsfähig, wenn ihr unmittelbarer Ursprung im Prozess selbst liegt. Übermäßige Kosten die anfallen, etwa weil ein ungewöhnlich hohes Honorar vereinbart wurde, sind somit nicht erstattungsfähig. Diese Auslegung ist auch mit dem Wortlaut des § 140 Abs. 3 MarkenG aF vereinbar.
Im vorliegenden Fall fehlt es an Feststellungen zur Notwendigkeit der prozessualen Mitwirkung der Patentanwältin, die Sache wurde an das Beschwerdegericht zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.
Praxishinweis
Da der Patentanwalt in markenrechtliche Streitigkeiten in der Regel keinen Mehrwert leistet und nicht benötigt wird, sind dessen Kosten in aller Regel nicht zu erstatten. Das Markenrecht ist ebenso wie das Designrecht kein Rechtsgebiet in der der Patentanwalt seine spezifisch technischen Kenntnisse einbringen kann. Daher sollte immer ganz genau geprüft werden, wenn behauptet wird es hätte ein Patentanwalt mitgewirkt und dessen Kosten sollten niemals ohne Monierung akzeptiert werden.