Nutzung von E-Mail-Adressen ohne Einwilligung – was §7 Abs. 3 UWG erlaubt (und was nicht)


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Nutzung von E-Mail-Adressen ohne Einwilligung – was §7 Abs. 3 UWG erlaubt (und was nicht)

§7 UWG schützt Marktteilnehmer vor unzumutbarer Belästigung durch Werbung. Im Fokus steht dabei der Schutz der privaten und geschäftlichen Sphäre vor aufdringlicher Direktwerbung.
Gerade in der heutigen digitalisierten Welt kommt dieser Vorschrift besondere Bedeutung zu: Verbraucher und Unternehmen sind täglich mit einer Vielzahl von Werbeformaten konfrontiert: etwa per E-Mail, SMS, Telefon, Messenger oder automatisierten Systemen. Solche Maßnahmen können schnell als störend empfunden werden und in die Privatsphäre oder den Berufsalltag eingreifen.
Gleichzeitig ist Direktwerbung für Unternehmen ein zentrales Instrument der Kundenbindung. Personalisierte Ansprache und zielgerichtete Angebote sind fester Bestandteil moderner Marketingstrategien.

Dieser Beitrag beleuchtet die rechtlichen Voraussetzungen für Direktwerbung gemäß § 7 UWG sowie die datenschutzrechtlichen Vorgaben der DSGVO und dient als Orientierung für die Praxis.

 

Gesetzlicher Rahmen: § 7 Abs. 3 UWG – Ausnahme für Bestandskundenwerbung

§7 Abs. 3 UWG bildet eine Ausnahme vom Grundsatz, dass Werbung per E-Mail oder SMS nur mit vorheriger Einwilligung zulässig ist. Er ermöglicht Unternehmen, im Rahmen bestehender Kundenbeziehungen für ähnliche eigene Produkte oder Dienstleistungen zu werben. Und dies ohne Einwilligung, solange der Kunde nicht widersprochen hat (Opt-out-Modell).
Dafür sieht der Gesetzgeber die folgenden Voraussetzungen vor:

  1. Die E-Mail-Adresse wurde im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung erhoben.
  2. Die Adresse wird für Werbung eigener, ähnlicher Produkte verwendet.
  3. Der Kunde hat der Nutzung nicht widersprochen.
  4. Der Kunde wurde bei Erhebung und bei jeder Verwendung klar und deutlich auf sein kostenfreies Widerspruchsrecht hingewiesen.

Während der §7 Abs. 2 UWG im Allgemeinen eine Einwilligung des Adressaten für Werbung per E-Mail oder SMS vorsieht, bietet § 7 Abs. 3 UWG eine gezielte Ausnahmeregelung für bestehende Kundenbeziehungen unter den oben genannten Voraussetzungen.


Datenschutzrechtlicher Kontext des § 7 Abs. 3 UWG: DSGVO – Werbung als Verarbeitung personenbezogener Daten

§ 7 Abs. 3 UWG darf nicht isoliert betrachtet werden – die werbliche Nutzung personenbezogener Daten unterliegt zugleich der Datenschutz Grundverordnung (DSGVO).
Bereits die Verwendung einer E-Mail-Adresse eines Bestandskunden stellt eine Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des Art. 4 Nr. 2 DSGVO dar und erfordert daher eine Rechtsgrundlage nach Art. 6 DSGVO.
Da bei Bestandskundenwerbung meist keine ausdrückliche Einwilligung vorliegt, stützen sich Unternehmen regelmäßig auf Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO (berechtigtes Interesse). Hierbei ist eine Interessenabwägung erforderlich: Das Interesse des Unternehmens an Kundenbindung und Werbung muss gegen das Schutzinteresse der betroffenen Person – etwa an Privatsphäre und Transparenz – abgewogen werden.
Solange die engen Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 UWG eingehalten werden, fällt die Abwägung regelmäßig zugunsten des Unternehmens aus. Dies nicht zuletzt, weil Betroffene über Art. 21 DSGVO jederzeit ihr Widerspruchsrecht ausüben können.

Bei Erhebung von Daten müssen des Weiteren auch die Informationspflichten nach Art. 13 DSGVO eingehalten werden. Das bedeutet, dass die erforderlichen Informationen zum Zeitpunkt der Datenerhebung oder eben unverzüglich danach erteilt werden müssen. Dies kann z.B. durch einen klar verständlichen Datenschutzhinweis im Rahmen des Bestellprozesses oder Vertragsschlusses erfolgen.

 

Umsetzung in der Praxis – so erfüllen Sie § 7 Abs. 3 UWG und DSGVO gleichzeitig

Die rechtssichere Anwendung des § 7 Abs. 3 UWG erfordert eine datenschutzkonforme Ausgestaltung aller Prozesse zur Erhebung und Verwendung von E-Mail-Adressen. Insbesondere folgende Punkte sind in der Praxis zentral:

1. Gestaltung von Kontaktformularen und Bestellprozessen
Bereits bei der Erhebung der E-Mail-Adresse – etwa im Bestellprozess oder über Formulare – muss transparent kommuniziert werden, dass die Daten auch zu Werbezwecken verwendet werden. Der Zweck der Verarbeitung muss klar erkennbar sein.

2. Pflicht zum Widerspruchshinweis
Nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG ist der Kunde bei Erhebung und jeder Verwendung der Adresse klar und deutlich auf sein jederzeitiges Widerspruchsrecht hinzuweisen – ohne versteckte Formulierungen oder Verlinkungen in langen Dokumenten.

Nicht ausreichend sind z.B. allgemeine Datenschutzhinweise mit einem nachgelagerten Abmeldelink.

Erforderlich ist vielmehr ein klar sichtbarer Hinweis, z. B. ein ankreuzbares Feld oder ein direkter Link, über den der Widerspruch sofort ausgeübt werden kann.
Der Kunde muss also die Möglichkeit haben, seinen Widerspruch direkt an das Unternehmen zu übermitteln. Entsprechend müssen geeignete Kontaktkanäle bereitgestellt werden.

3. Gestaltung von E-Mails
Auch jede Werbemail muss erneut auf das Widerspruchsrecht hinweisen, z. B. am Ende der Nachricht mit klarer Sprache und gut sichtbarem Link.

4. Dokumentation und Nachweisführung
Sowohl die DSGVO als auch die Anforderungen des § 7 Abs. 3 UWG erfordern eine nachvollziehbare Dokumentation, um im Streitfall oder gegenüber Aufsichtsbehörden nachweisen zu können, dass:

  • die E-Mail-Adresse im Rahmen eines Verkaufs erhoben wurde,
  • der Widerspruchshinweis ordnungsgemäß erteilt wurde,
  • nur ähnliche eigene Produkte beworben werden,
  • kein Widerspruch oder Widerruf erfolgt ist.

Empfohlene Maßnahmen zur Umsetzung:

  • Speicherung der Erhebungsquelle
  • Dokumentation von Zeitpunkt und Inhalt der Hinweise
  • Einrichtung technischer Prozesse zur sofortigen Verarbeitung von Widersprüchen
  • Verwendung eines CRM- oder Datenschutzmanagementsystems (DSMS)

Verstöße können zu Bußgeldern nach Art. 83 DSGVO sowie abmahnfähigen Wettbewerbsverstößen führen.

 

Häufige Fehlerquellen – Wo Unternehmen bei § 7 Abs. 3 UWG regelmäßig scheitern

Trotz der klaren gesetzlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 UWG und der datenschutzrechtlichen Begleitpflichten nach der DSGVO kommt es in der Praxis häufig zu rechtlich relevanten Fehlern. Diese können nicht nur zu Abmahnungen und Bußgeldern führen, sondern auch zu einem erheblichen Vertrauensverlust auf Seiten der Kundschaft.

Das werbende Unternehmen muss die „elektronische Postadresse“ im Zusammenhang mit dem „Verkauf“ einer Ware oder Dienstleistung erhalten haben. Ein reines Gewinnspiel reicht hierzu nicht aus. Der Begriff im „Zusammenhang mit dem Verkauf“ ist eng auszulegen. Zweifelsfälle können bei einem Modell „zahlen mit Daten“ bestehen.
Ein besonders häufiger Verstoß liegt in der Ausweitung der Werbung auf nicht vergleichbare Produkte oder Dienstleistungen. § 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG erlaubt die Nutzung der E-Mail-Adresse ausschließlich zur Bewerbung von „eigenen, ähnlichen Waren oder Dienstleistungen“.
Ob Produkte „ähnlich“ sind, ist restriktiv auszulegen: Maßgeblich ist die Erwartung des Kunden. Eine zu weite Auslegung führt zur Einwilligungsbedürftigkeit nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG.
Die Werbung darf hier auch nur für „eigene“ ähnliche Waren und Dienstleistungen erfolgen. Die Bewerbung für Dritte ist nicht gestattet. Es wäre damit unzulässig, die eigenen gewonnen E-Mail-Adressen auch zur drive-by-Werbung für Dritte zu nutzen.
Wie bereits erläutert, ist der „klare und deutliche“ Hinweis auf das Widerspruchsrecht ein zentrales Erfordernis. Fehlt dieser Hinweis, ist die Werbung unzulässig – unabhängig davon, ob alle anderen Voraussetzungen eingehalten wurden.

Ein weiterer und oft fataler Fehler besteht darin, dass Unternehmen nicht in der Lage sind, im Streitfall das bestehende Kundenverhältnis oder den Zeitpunkt der Adresserhebung nachzuweisen. Dies ist jedoch von ausschlaggebender Bedeutung, da § 7 Abs. 3 UWG nur Werbung gegenüber Bestandskunden erlaubt.
Ein besonders sensibler Bereich liegt in der Übermittlung von Kundendaten an Dritte zur Durchführung von Werbemaßnahmen. Eine solche Datenweitergabe ist im Rahmen des § 7 Abs. 3 UWG grundsätzlich unzulässig, da dieser ausschließlich die Nutzung durch das werbende Unternehmen selbst erlaubt.

 

Sanktionen und Risiken bei Verstoß gegen § 7 Abs. 3 UWG – Abmahnungen, Bußgelder und Reputationsverlust

Verstöße gegen die Vorgaben des §7 Abs. 3 UWG und die datenschutzrechtlichen Anforderungen der DSGVO können erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen.
Die Verarbeitung personenbezogener Daten für Werbezwecke ohne geeignete Rechtsgrundlage oder ohne Erfüllung der Informationspflichten stellt eine Verletzung der DSGVO dar. Solche Verstöße können von den Datenschutzaufsichtsbehörden mit Bußgeldern gemäß Art. 83 DSGVO geahndet werden.
Neben der datenschutzrechtlichen Perspektive können auch wettbewerbsrechtliche Sanktionen drohen. § 7 UWG schützt das Marktverhalten und erlaubt es Mitbewerbern, Verbänden und Kammern, Verstöße abzumahnen und ggf. gerichtlich zu verfolgen.

Die Rechtsprechung ist bei Verstößen gegen §7 Abs.3 UWG und Datenschutzverstöße im Kontext von Direktwerbung in vielen Fällen streng und verbraucherschützend.
Eine exemplarische Entscheidung:
In einer relativ neuen Entscheidung des Landgerichts Paderborn (2 O 325/23) wurde bei dem Kläger ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Geschäftsbetrieb des Klägers festgestellt und diesem ein Unterlassungsanspruch gegen das beklagte Reisebüro zugesprochen, da die Voraussetzungen des §7 Abs. 3 UWG nicht gegeben waren. Für die Zulässigkeit von Werbe-Mails im Anschluss an einen geschäftlichen Kontakt reicht es nicht aus, dass das werbende Unternehmen in seiner Datenschutzerklärung lediglich angegeben hatte, dass die Kundendaten für Werbezwecke verwendet werden und der Empfänger sich von der E-Mail-Werbung abmelden könne. Insbesondere war dies unzureichend, wenn dieser Hinweis ohne ausreichende Hervorhebung in einem 26 Seiten langen Dokument versteckt war. Das Gericht entschied, dass die Hinweise auf die Widerspruchsmöglichkeit bei Erhebung und bei Verwendung der Adresse kumulativ vorliegen müssen.

 

Fazit: Werbung ohne Einwilligung nach § 7 Abs. 3 UWG – Chancen nutzen, Risiken beherrschen

§ 7 Abs. 3 UWG bietet Unternehmen die Möglichkeit, unter engen Voraussetzungen Direktwerbung ohne ausdrückliche Einwilligung des Kunden zu betreiben. Diese Ausnahmeregelung ist besonders praxisrelevant, setzt jedoch die strikte Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen voraus.
Im Mittelpunkt steht dabei § 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG: Der Kunde muss bei der Erhebung seiner E-Mail-Adresse und bei jeder werblichen Verwendung klar und deutlich auf sein Widerspruchsrecht hingewiesen werden. Dieser Hinweis muss transparent, unmissverständlich und leicht zugänglich sein. Versteckte oder juristisch überladene Formulierungen – etwa tief in Datenschutzerklärungen – reichen nicht aus. Das Landgericht Paderborn (Urteil v. 22.02.2024, 2 O 325/23) hat dies eindrücklich bestätigt: Auch bei grundsätzlich zulässiger werblicher Kommunikation kann ein formaler Fehler zur Unzulässigkeit und damit zur Abmahnfähigkeit führen.
Zulässige Direktwerbung nach § 7 Abs. 3 UWG ist also kein Freibrief – sie verlangt präzise Umsetzung, saubere Dokumentation und funktionierende Prozesse zur Wahrung der Betroffenenrechte. Wer dies beachtet, kann von der gesetzlichen Öffnung profitieren und zugleich rechtliche Risiken vermeiden. Unternehmen sind daher gut beraten, ihre Werbestrategien datenschutzkonform, technisch sauber und rechtlich robust.


Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit unserer Rechtsreferendarin Roxana Färber.

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